Bischof em. Dr. Anton Schlembach ist tot
Die Bevölkerung von Großwenkheim trauert um einen ihrer bekanntesten Söhne. Am Abend des 15. Juni starb Bischof em. Dr. Anton Schlembach in Speyer im Alter von 88 Jahren.
Anstelle eines gesonderten Nachrufs erinnere ich an dieser Stelle nochmals an ein Interview, das ich mit Bischof Schlembach anlässlich seines Goldenen Priesterjubiläums im Jahre 2006 geführt habe und an einen Bericht anlässlich seines 80. Geburtstags im Jahre 2012. Auch mit ein paar Bildern soll er uns in bester Erinnerung bleiben.
Anton Then
Bischof em. Dr. Anton Schlembach ist 80
Großwenkheim/Speyer Seinen 80. Geburtstag feiert am heutigen Dienstag, 7. Februar 2012 im engen Familien- und Freundeskreis der emeritierte Bischof von Speyer, Dr. Anton Schlembach. Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren trat der Jubilar nach der geltenden bischöflichen Ordnung mit 75 Jahren in den Ruhestand. „Ich bin dankbar, dass ich das Bischofsamt bis zum 10. Februar 2007 ausüben konnte. Ich bin aber auch froh, dass ich nach dieser Zeit mit 75 Jahren wegen des Alters und wegen nachlassender Kräfte in den Ruhestand treten durfte“, sagt Schlembach in einem Gespräch. Der Übergang in den Ruhestand sei sehr gewöhnungsbedürftig gewesen, da mit dem Amt auch die wichtigsten Hilfen für die Ausübung weggefallen seien, vor allem das Sekretariat, der Fahrer und der bischöfliche Haushalt. Über seine knapp 24-jährige Amtszeit als Bischof von Speyer könnte Dr. Schlembach jede Menge erzählen, denn „sie war sehr dicht und erlebnisreich, von der Bischofsweihe bis zur Verabschiedung im einzigartigen Dom zu Speyer.“ Er nennt deshalb als absolute Höhepunkte den Besuch von Papst Johannes Paul II. am 4. Mai 1987 in Speyer, die Seligsprechung des Diözesanpriesters Paul Josef Nardini am 22. Oktober 2006 im Speyerer Dom und das Jubiläumsjahr 2000. „Es war für mich sehr bewegend, das altehrwürdige Bistum Speyer in das dritte Jahrtausend führen zu dürfen“, meint Schlembach. Auch zahlreichen politischen Staatsgästen, die der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl in den Dom führte, durfte Schlembach „die Geschichte und Bedeutung des Speyerer Kaiser- und Mariendoms darlegen.“ Dazu nennt er Michail Gorbatschow, George Bush sen., Vaclav Havel, Boris Jelzin und König Juan Carlos II. und Königin Sophia von Spanien. Nicht mehr so mobil ist der emeritierte Bischof aus Alters- und gesundheitlichen Gründen und somit in seiner Wirksamkeit eingeschränkt, verfolgt aber „mit innerer Anteilnahme die Entwicklungen im Bistum Speyer“, ebenso „alle Geschehnisse in der Kirche und der Welt.“ Obwohl er schon in jungen Jahren seine Heimat verließ, pflegte er doch stets einen sehr engen Kontakt zu seinem Geburtsort Großwenkheim. Hier wohnen seine Schwestern Gertrud Dannhäuser und Maria Golka mit ihren Familien. Seine alte Heimat hat Schlembach, der Ehrenbürger von Münnerstadt ist, täglich vor Augen. In seinem Wohnzimmer hängen drei große, gerahmte Fotos. Das eine zeigt Großwenkheim unter dem Regenbogen, die beiden anderen „meine Heimatkirche, den Dom der Vorrhön, von innen und außen.“ Auch wenn die Besuche in Großwenkheim seltener geworden sind, ist er mit seinem Geburtsort „bleibend heimatlich verbunden.“ Für die Zukunft hat er noch viele Wünsche. Dazu gehört, „dass die katholische Kirche sich nach den Richtlinien des Zweiten Vatikanischen Konzils unter Leitung des Papstes erneuert, dass in unserem Land die Werteordnung des Grundgesetzes geachtet und gelebt wird und nicht zuletzt, dass ich persönlich, wenn es soweit ist, gläubig und christlich sterbe.“ Natürlich kann ein Bischof auch einige Lebensweisheiten mitteilen. Die wichtigste, die er schon als Kind gelernt hat, lautet: „Mit Gott fang an, mit Gott hör` auf, das ist der beste Lebenslauf.“ Diese Weisheit, so Schlembach, entspreche auch seinem bischöflichen Wahlspruch „Deus salus – Gott ist das Heil.“ Und in Grössewehmer Heimatdialekt fügt er hinzu: „Bies künnt, nammer mers o. Alles künnt vom Herrgott. Und dar möcht ke Faler.“
Dr. Anton Schlembach wurde am 7. Februar 1932 als ältestes von vier Kindern der Eheleute Alois und Maria Schlembach in Großwenkheim geboren. Nach dem Abitur studierte er in Würzburg und Rom Theologie und Philosophie. Am 10. Oktober 1956 wurde Schlembach in Rom vom Wiener Kardinal Franz König zum Priester geweiht. Als Kaplan wirkte er in verschiedenen Orten in Unterfranken, ehe er 1966 als Regens das Priesterseminar in Würzburg übernahm. 1981 wurde er in das Domkapitel in Würzburg berufen, am 29. August 1983 völlig unerwartet von Papst Johannes Paul II. zum 95. Bischof von Speyer ernannt und am 16. Oktober 1983 vom Münchner Erzbischof Friedrich Wetter, seinem Vorgänger auf dem Speyerer Bischofsstuhl, zum Bischof geweiht. Mit Wirkung vom 10. Februar 2007 nahm Papst Benedikt XVI. gemäß Kirchenrecht das Rücktrittsgesuch an. Nur einer seiner Vorgänger, Ludwig Sebastian, hat in den letzten 100 Jahren das Bistum Speyer länger geleitet.
Interview mit Bischof Dr. Anton Schlembach
Großwenkheim Vor 50 Jahren, am 10. Oktober 1956 wurde Dr. Anton Schlembach zum Priester geweiht. Dieses goldene Priesterjubiläum feierte der Bischof von Speyer am 15.Oktober im Dom zu Speyer. Am Fest Christkönig, am 26.November, kommt er in seine Heimatpfarrkirche Großwenkheim. Dr. Schlembach wurde am 7.Februar 1932 in Großwenkheim als ältester von vier Geschwistern der Eheleute Alois und Maria Schlembach geboren. Seine beiden Schwestern Gertrud und Maria leben mit ihren Familien in Großwenkheim, sein Bruder Wilhelm starb vor drei Jahren. Der Jubilar machte 1950 am Gymnasium in Miltenberg sein Abitur. Danach studierte er Theologie und Philosophie in Würzburg und ab 1951 am Germanicum in Rom. 1959 promovierte er zum Doktor der Theologie. Seine ersten Stationen als Priester waren Heppdiel, Aschaffenburg, Schweinfurt und Obersinn. 1963 übernahm er als Direktor das Studienseminar Aschaffenburg und 1966 als Regens das Priesterseminar in Würzburg. Ab 1969 wirkte er als Religionslehrer am Frobenius-Gymnasium in Hammelburg bis er am 1.Juli 1981 zum Domkapitular und einen Tag später zum Generalvikar der Diözese Würzburg ernannt wurde. Papst Johannes Paul II. ernannte Dr. Schlembach am 29.August 1983 zum Bischof von Speyer. Die Weihe zum 95.Oberhirten der Diözese Speyer empfing er am 16.Oktober 1983 von seinem Vorgänger auf dem Speyerer Bischofsstuhl, Kardinal Friedrich Wetter aus München. Sein Wahlspruch lautet: „Deus salus – Gott ist das Heil“. Auch heute noch ist der Ehrenbürger von Münnerstadt mit seinem Heimatort Großwenkheim sehr eng verbunden.
Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Anton Schlembach, in welcher Kirche in Rom und von wem wurden Sie 1956 zum Priester geweiht?
Bischof Dr. Anton Schlembach: Ich wurde in der Jesuitenkirche Sant` Ignazio, der größten Barockkirche Roms, zum Priester geweiht. Die Weihe erteilte mir zusammen mit 19 anderen Diakonen aus dem Germanicum der damalige Erzbischof von Wien, Kardinal Franz König.
Können Sie sich noch an Ihre Gedanken erinnern als Sie die Priesterweihe empfingen?
Dr. Schlembach: Meine Priesterweihe ist für mich nicht Vergangenheit. Ich lebe mit ihr jeden Tag. Damals hatte ich das Gefühl, einen einzigartigen Gnadentag zu erleben, an das Ziel eines langen Weges angekommen zu sein und gleichzeitig auf einen neuen, unbekannten Weg geschickt zu werden. Mich erfüllten Dankbarkeit und Erwartung.
Wo feierten Sie Ihre erste Heilige Messe?
Dr. Schlembach: Am Altar mit dem Grab des heiligen Ignatius von Loyola in der Jesuitenkirche Al Gesu. Er war auch der Primizaltar von Julius Döpfner, der als Bischof von Würzburg mich 1950 zum Studium nach Rom geschickt hatte. Den Ort meiner Primiz hatte ich mit Bedacht gewählt. Das Jahr meiner Priesterweihe war nämlich das 400. Todesjahr des heiligen Ignatius, des Gründers der Jesuiten, denen ich meine geistliche und universitäre Ausbildung in Rom verdanke.
Einen großen Empfang gab es in Ihrem Heimatort Großwenkheim anlässlich Ihrer Primiz. Erinnern Sie sich noch, als Sie zum ersten Mal in der Heimatpfarrkirche am Altar standen und die Heilige Messe feierten?
Dr. Schlembach: Meine Nachprimiz in Großwenkheim feierte ich am Fest Peter und Paul 1957. Ich war überwältigt vom herzlichen Empfang. Weit vor dem Dorf hatten Mädchen das Auto geschmückt, mit dem ich von Schweinfurt her am Baumgartentor ankam. Geistlicher Rat Franz Kunzmann und Bürgermeister Otto Müller begrüßten mich. Über meinem Elternhaus war der Spruch angebracht: „Mit Elternsegen zogst du aus – mit Priestersegen kehrst du nach Haus.“ Beim feierlichen Gottesdienst predigte mein früherer Regens im Kilianeum Miltenberg, Dr. Ludwig Pfeifer.
Dankbar schaute ich auf den Taufstein, wo mein christliches Leben begonnen hatte. Ich erinnerte mich an meine Erstkommunion und an meinen Ministrantendienst am Altar meiner Heimatkirche. Ich war sehr bewegt beim Gedanken, dass hier jahrelang viel für mich gebetet worden war. Ich war glücklich, umgeben von meiner ganzen großen Verwandtschaft und von meiner Heimatgemeinde, aus der ich herausgewachsen war, zum ersten Mal die Heilige Messe feiern zu können.
Blicken wir noch weiter zurück. Wann stand für Sie fest Priester zu werden? Gab es dazu vielleicht ein Schlüsselerlebnis oder eine Person, die Sie zu diesem Beruf animiert hat?
Dr. Schlembach: Der Gedanke, Priester zu werden, begleitete mich eigentlich von Kindheit an. Die Entscheidung für den Priesterberuf fiel ins Jahr meines Abiturs 1950. Angeregt zu dieser Entscheidung, die mir nicht schwer fiel, haben mich vor allem das Beispiel unseres damaligen Ortspfarrers Nikolaus Kuhn und des jungen Würzburger Bischofs Julius Döpfner. In der Zeit vor dem Kriegsende war er im Würzburger Kilianeum mein Präfekt gewesen.
Wie reagierten Ihre Eltern Monika und Alois als Sie ihnen mitteilten Priester werden zu wollen?
Dr. Schlembach: Meine Eltern waren von meiner Berufsentscheidung nicht überrascht. Sie hatten mich 1942 erst zum Gymnasialstudium frei gegeben, als unser Pfarrer Kuhn ihnen sagte, dass bei mir ein Priesterberuf vorliegen könnte. Sie redeten mir nie zu, Priester zu werden. Sie ermahnten mich im Gegenteil, mir dies gut zu überlegen. Im Inneren aber freuten sie sich wohl über meinen Weg.
Haben Sie als Priester ein bestimmtes Motto, das Sie den Menschen mit auf den Weg geben können?
Dr. Schlembach: Der Priester hat vor allem die Aufgabe, die Mitmenschen zum Glauben zu ermutigen. Man könnte diesen Auftrag in dem Appell zusammenfassen: Lebt in Gemeinschaft mit Gott, der sein Antlitz in Jesus Christus zeigt. Pflegt die Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus, den ihr in der Kirche findet. Es gibt nichts Besseres auf der Welt und ist überdies heilsnotwendig.
Private und priesterliche Erlebnisse kann man oft kaum auseinanderhalten. Gab es dennoch ganz besondere positive und negative Erlebnisse als Priester in den letzten 50 Jahren?
Dr. Schlembach: Als Priester macht man unzählige Erfahrungen. Diejenigen, die am tiefsten beeindrucken, unterliegen meistens der Diskretion. In meiner Kaplanszeit hatte ich prägende Lebens- und Glaubenserfahrungen als Beichtvater und in der seelsorglichen Begleitung von Sterbenden. Später war ich schwerpunktmäßig bei Jugendlichen eingesetzt. Hier hatte ich Erfolgserlebnisse, aber auch Misserfolgserlebnisse, die zu verkraften waren. Das Zweite Vatikanische Konzil, in dem die katholische Kirche eine völlig neue Gestalt gewann, ohne ihre Identität zu verändern, kam für mich überraschend. Ich war erfüllt von großen Hoffnungen. Sie haben sich nur zum Teil erfüllt. Das neue Denken, das durch die so genannten Achtundsechziger Kulturrevolution auf einmal das ganze gesellschaftliche Leben bestimmte, war eine harte Herausforderung, auf die ich nur ungenügend vorbereitet war. Die Wahl Johannes Paul II., des Papstes aus Polen, meine Berufung zum Bischof von Speyer am 4.Mai 1983, die Feier der Heiligsprechung von Edith Stein 1998, bei der ich mit ihm auf dem Petersplatz am Altar stand, waren Erlebnishöhepunkte meines Lebens. Ebenso die Teilnahme an den Eucharistischen Weltkongressen als Delegierter der Deutschen Bischofskonferenz in Seoul, Sevilla, Breslau und Rom. Die Feier des großen Jubiläums 2000 mit großen Veranstaltungen zum Eintritt in das neue christliche Jahrhundert und Jahrtausend im Bistum Speyer, ebenso wie der positiv abgeschlossene Seligsprechungsprozess des Pfarrers unserer Diözese, Paul Josef Nardini, - all dies sind Hinweise auf die Mannigfaltigkeit der besonderen Erfahrungen meines Priesterlebens.
Sie mussten in den 50 Jahren als Priester und Bischof recht oft umziehen. Nervt das nicht?
Dr. Schlembach: Wenn ich nachzähle bin ich in den vergangenen fünf Jahrzehnten zehn Mal umgezogen. Vor vielen Jahren warnte mich einmal ein alter Pfarrer: „Jeder Umzug kostet fünf Jahre Lebenszeit.“ Immer stimmt dieser Satz offensichtlich nicht. Keiner meiner Umzüge geschah auf eigenen Wunsch hin, sondern weil ich jeweils zu einer anderen Aufgabe gerufen wurde. „Genervt“ haben mich die Umzüge nicht. Nur selten hatte ich das Gefühl einer Erleichterung. Immer waren sie mit Trennung, also mit Wehmut und Schmerz, aber auch mit Erwartungen auf Neuland verbunden. Am schwersten fiel mir der Wechsel von Würzburg nach Speyer. Aber das liegt jetzt bereits 23 Jahre zurück.
1983 wurden Sie von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Speyer ernannt. Ihr erster Gedanke?
Dr. Schlembach: Als mir der damalige Apostolische Nuntius Del Mestri meine Bischofsernennung mitteilte, war ich sprachlos und fassungslos. Meine erste Reaktion waren die Fragen: „Wie kommt denn der Heilige Vater auf mich? Wie soll das gehen? Liegt nicht vielleicht eine Personenverwechslung vor?“
Sie werden im Februar nächsten Jahres 75. Bedeutet diese Altersgrenze auch den Rücktritt als Oberhirte der Diözese Speyer?
Dr. Schlembach: Nach geltendem Kirchenrecht ist jeder Bischof gehalten, mit 75 Jahren sein Rücktrittsgesuch beim Papst einzureichen. Dieses wird bei Bischöfen, auch bei Diözesanbischöfen soweit sie nicht Kardinäle sind, durchweg angenommen. Damit ist dann zugleich das Ausscheiden aus dem Dienst als Diözesanbischof verbunden. Ein Nachfolger wird ihn weiterführen.
Sie machen nahezu jedes Jahr einmal Urlaub im Kloster Maria Bildhausen. Weshalb gerade hier? Hat Maria Bildhausen als Urlaubsort auch etwas mit der Nähe zu Ihrem Geburtsort Großwenkheim zu tun?
Dr. Schlembach: Meinen Jahresurlaub im Sommer verbachte ich bisher meistens in Italien am Mittelmeer. Immer aber zieht es mich für einige Tage auch nach Maria Bildhausen. Es ist mir von Kindheit an vertraut und für mich wie ein Stück Heimat, das zu Großwenkheim gehört. Der Aufenthalt bei den gastfreundlichen Schwestern in Maria Bildhausen gibt mir die Möglichkeit, Heimat zu genießen, Kontakt mit meinen Geschwistern und Landsleuten zu pflegen und zugleich ganz persönlich zu mir zu kommen und ein wenig für mich allen zu sein. Das bedeutet jedes Mal körperliche, seelische, geistliche und geistige Erholung.
Was fällt Ihnen spontan zur Anschrift Großwenkheim, Abtsgasse 1 ein?
Dr. Schlembach: Großwenkheim, Abtsgasse 1, ist mein Elternhaus. Es ist der Ort meiner Geburt und meiner ersten Lebenserfahrungen. Hier lernte ich das Sprechen, das Laufen, das Beten. Hier machte ich die fundamentalen Lebenserfahrungen: die Erfahrung von Eltern und Geschwistern, von Geburt und Tod, von Freude und Leid. Hier hatte ich meine religiösen Ersterfahrungen und Erstunterweisungen. Zum Elternhaus gehörte auch der Hausgarten mit einem Weinstock, die Stallungen mit Kühen, Schweinen, Hühnern und Gänsen, dann die Futterkammer, die Scheune und der Holzschuppen. Nicht zuletzt der Pumpbrunnen mit dem Tränketrog. Mit all dem verbindet sich bei mir die Erinnerung an schwere tägliche Arbeit meiner Eltern, in die wir, soweit es möglich war, von Kindheit einbezogen wurden. Mein Elternhaus ist nicht zuletzt verbunden mit dem Erleben einer breit gefächerten Familienkultur, mit Festen und Festessen, mit Besuchen aus nah und fern. Hier hatte ich nicht nur meine biologische Geburt, sondern auch meine christlich geprägte Erstsozialisation, also meine soziale Geburt.
Obwohl Sie die weitaus meiste Zeit Ihres Lebens nicht in Ihrem Heimatort lebten, haben Sie den Grössewehmer Dialekt nie verlernt. Wie haben Sie sich darin fit gehalten?
Dr. Schlembach: Der Großwenkheimer Dialekt ist meine Muttersprache. Er unterscheidet sich nicht unbeträchtlich vom Dialekt der umliegenden Ortschaften und erst recht vom Hochdeutschen. Hochdeutsch lernte ich eigentlich erst richtig im Lateinunterricht. Was man als Kind lernt, ist bekanntlich unausrottbar. Im Übrigen haben die häufigen Besuche in Großwenkheim dafür gesorgt, dass ich den ursprünglichen „Mutterlaut“ nicht verlernt habe. Ich kann ihn wie in meinen ersten Lebensjahren nicht nur verstehen, sondern auch weiterhin sprechen.
Können Sie Ihren Landsleuten ein Lebensmotto im Grössewehmer Dialekt mit auf den Weg geben?
Dr. Schlembach: Ein Rat: Bie`s künnt, läss`s kumm. Derr Herrgott is ümmer debai.
Sie feiern Ihr goldenes Priesterjubiläum natürlich auch in Ihrer Heimatkirche. Machen Sie unseren Lesern dazu bitte schon ein paar Angaben über den Ablauf.
Dr. Schlembach: Es ist mir auf Grund meiner Heimatverbundenheit ein Bedürfnis, mein Goldenes Priesterjubiläum in der einmalig schönen Kirche meines Heimatdorfes wenigstens nachzufeiern. Der Jubiläumsgottesdienst ist für den letzten Sonntag des Kirchenjahres, für das Christkönigsfest, vorgesehen. Zur Predigt habe ich den Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann eingeladen. Zu meiner Freude hat er zugesagt. Für die Gestaltung des Gottesdienstes wird der Ortspfarrer Dr. Anton Schilhan Sorge tragen. Beim Mittagessen wird sich meine ganze Verwandtschaft wieder einmal treffen. Ein Gang zu den Gräbern meiner Angehörigen auf dem Friedhof und eine feierliche Nachmittagsandacht werden auch zum Jubiläumsfeiertag gehören.
Zum Schluss dieses Gesprächs haben Sie das letzte Wort.
Dr. Schlembach: Das schöne deutsche Wort „Heimat“ gibt es nur in der Einzahl. Es ist, ähnlich wie Friede, Glück, Heil, ein so genanntes Singularwort. Es gibt nur eine Heimat. Ich war und bin an vielen Orten zu Hause. Daheim aber bin ich in Großwenkheim. Dieses Dorf, das zugleich eine katholische Pfarrei ist, ist meine eigentliche und bleibende Heimat. Dort sind die ersten und tiefsten Wurzeln meines Lebensbaumes. Meinem Heimatdorf verdanke ich mehr, als Worte zu sagen ermögen.
Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Anton Schlembach, ganz herzliche Glückwünsche zu Ihrem goldenen Priesterjubiläum, alles Gute und vielen Dank für das Gespräch.