Schon im Kindesalter zum VdK
Seit 65 Jahren ist Erika Gehring Mitglied im Sozialverband VdK. Eine stolze Zeit, die nur wenige Personen erreichen. Höchst bemerkenswert ist aber, wie sie zu diesem Verband kam.
Erika Gehring aus Großwenkheim, Jahrgang 1941, ist seit 1. Januar 1952 Mitglied im VdK. Das beweist das Mitgliedsbuch mit der Nummer 115532, in dem ihr Geburtsname Erika Behmel steht und das sie sorgfältig aufbewahrt. Darauf wird das Mitglied auch gleich schriftlich hingewiesen. „Es ist sorgfältig aufzubewahren. Die Gebühr für ein Ersatzbuch beträgt DM 1.--“. Erika Gehring kam 1946 aus dem Sudetenland als Heimatvertriebene zufällig nach Großwenkheim. Ihr Vater war im Krieg 1944 in der Ukraine gefallen und ihre Mutter starb 1947. Somit war Gehring als sechsjähriges Mädchen bereits Vollwaise und ihr Großvater Hermann Behmel war ihr Vormund. 1948 wurde in Großwenkheim ein Ortsverband des VdK gegründet. „Ich war eine Kriegshalbwaise und meine Mutter war auch schnell gestorben. Da gab es verschiedene Anfragen und mein Großvater wusste auch nicht immer eine Antwort. Vermutlich deshalb hat er mich schon mit 11 Jahren beim VdK angemeldet“, sagt Gehring. Damit dürfte sie bundesweit eines der jüngsten, vielleicht sogar das jüngste Mitglied sein, das jemals diesem Verband beigetreten ist. Mit 18 Jahren hat Erika Behmel ihren Mann Berthold Gehring geheiratet und wollte eigentlich wieder aus dem VdK austreten. Auf Anraten ihres Mannes, der mit einer Granatsplitter in der Hand aus dem Krieg zurückgekehrt war, blieb sie dem VdK doch treu. Im Rückblick bezeichnet Erika Gehring den Rat ihres damaligen Mannes, der bereits mit 57 Jahren gestorben ist, als „richtig und zukunftsweisend.“ Seit 1978 ist Gehring aktiv im Ortsverband Großwenkheim, zu dem auch Seubrigshausen, Kleinwenkheim und Fridritt gehören. 1978 wurde sie zur Frauenbeauftragten gewählt und sechs Jahre später zur stellvertretenden Vorsitzenden. Seit 1988 steht sie an der Spitze des Ortsverbandes mit derzeit 141 Mitgliedern. Bei den Neuwahlen 2020 will sie dieses Ehrenamt, das sie mit großem Engagement ausführt, aber abgeben. „Es ist sehr schwierig, Leute für ein Ehrenamt zu finden, vor allem für den Posten des Vorsitzenden“, sagt die 76-Jährige, die aus „voller Überzeugung beim VdK ist.“ Im Laufe der Jahre hat sich auch eine ganze Menge in diesem Verband geändert. Ursprünglich bedeutete VdK „Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands.“ Da es nicht mehr so viele Personen gibt, auf die diese Begriffe zutreffen, bezeichnet sich der VdK inzwischen als „der Sozialverband.“ Früher seien es vor allem Kriegsversehrte und Kriegshinterbliebene gewesen, die dem VdK beitraten. „Heute sind es Leute vorwiegend im Alter zwischen 50 und 60 Jahren, die durch das soziale Raster fallen“, sagt Gehring. Für die Rente seien sie zu jung, für die Arbeit zu alt. „Beim VdK erhoffen sie sich professionelle Hilfe beim Umgang mit den Behörden und dem Weg durch den Paragrafendschungel“, so Gehring. Sie selbst habe den Verband auch gebraucht als sie vor 16 Jahren in Rente ging. Geändert hat sich auch die Verwaltung der Mitglieder. Vorbei ist die Zeit der Mitgliedsbücher, in die monatlich zwei Marken, nachdem der Beitrag vor Ort bezahlt wurde, eingeklebt wurden. Heute erfolgt alles per Bankeinzug. „Die Menschen brauchen vor Ort Ansprechpartner für den VdK“, betont Gehring die Notwendigkeit eines Ortsverbandes. Neben den juristischen Vertretungen werden Ausflüge angeboten, sowie kranke Mitglieder oder Geburtstagskinder besucht.
Foto (Anton Then): Gut aufgehoben hat Erika Gehring ihre ersten Mitgliedsbücher. Links: Marken dokumentieren den gezahlten Monatsbeitrag; rechts: Gut zu erkennen ist die Mitgliedsnummer, im Laufe der Jahrzehnte etwas verblasst ist der Name.