Großwenkheim und Kleinwenkheim bestehen seit 1225 Jahren

Großwenkheim/Kleinwenkheim Da werden sich so manche Einwohner der Dörfer Großwenkheim und Kleinwenkheim die Augen reiben, wenn sie diese Zeilen lesen. Es stimmt aber, vor genau 25 Jahren, im Jahre 1988, feierten beide Orte eindrucksvoll gemeinsam ihr 1200-jähriges Bestehen. „Es ist kaum zu glauben, dass es schon wieder 25 Jahre her ist“, sagt auch Manfred Marschall. Er stand für Großwenkheim, Helmut Klöffel für Kleinwenkheim, an der Spitze der Interessengemeinschaft. Gerne erinnert sich Marschall an die „sehr zeitintensive und arbeitsreiche Zeit.“

Besonders beeindruckt hat ihn damals, „dass die Mehrzahl der Einwohner beider Orte aktiv mitgewirkt und prima zusammengearbeitet haben.“ Egal, was zu tun war, ob Material sammeln, Wägen oder Nachbildungen bauen, den Festzug organisieren und so manches mehr, immer hätten die Bürger mitgezogen. „Ob das heute noch in diesem Umfang und mit diesem Aufwand möglich wäre?“, fragt sich der heute 80-Jährige. Viele organisatorische Aufgaben hatte Marschall und daneben wirkte er beim Festzug als Bischof Suidger und beim Theaterstück als Mönch mit. Die Interessengemeinschaft 1200 Jahre Groß- und Kleinwenkheim hatte in Zusammenarbeit mit der Stadt Münnerstadt für die Feierlichkeiten vom 1.Juli bis 4.Juli 1988 anlässlich der ersten urkundlichen Erwähnung der Gemarkung Wenkheim ein umfangreiches Festprogramm zusammengestellt, bei dem viele Einwohner aktiv mitwirkten, nicht selten in Mehrfachfunktion. Eine ganze Reihe von Personen, die ganz wesentlich zum Gelingen des Festes beitrugen, sind im Laufe des Vierteljahrhunderts verstorben. Stellvertretend seien Rektor Günther Katzenberger, sowie der Heimatforscher Wendelin Völk aus Kleinwenkheim und der damalige Kreisheimatpfleger Josef Wabra genannt. Beide brachten rechtzeitig Dorfchroniken heraus, die exzellente Fundgruben von unschätzbarem Wert über die Geschichte von Großwenkheim und Kleinwenkheim sind.

Zahlreiche Programmpunkte prägten das mehrtägige Jubiläum, das gemeinsam in Großwenkheim gefeiert wurde. Höhepunkte waren der Festakt in der Pfarrkirche am Samstagabend, der Festgottesdienst, zelebriert von Weihbischof Alfons Kempf und als Hauptattraktion der große historische Festzug am Sonntag mit über 60 verschiedenen Wägen und Gruppen. Den Festvortrag hielt der gebürtige Großwenkheimer Albin Dannhäuser, heute Ehrenpräsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes. Dannhäuser zitierte in seiner geschichtlich geprägten, stets heimatbezogenen Rede auch aus der Schenkungsurkunde aus dem Jahre 788. „Unser Herr und Erlöser, der Sohn Gottes, mahnt uns und sagt: Gebt Almosen und alles wird Euch rein sein. Daher schenken ich, Matto, und mein Bruder Megingoz zum Heil unserer Seelen und um unsere Sünden abzuwaschen und um uns in Zukunft Gnade zu verdienen ... dem Kloster Fulda des heiligen Bonifatius den Teil unseres Erbes und was wir an Eigentum haben in den Orten, deren Namen folgende sind ... unter ihnen auch Wenkheim (Wangheim) im Gau Grabfeld.“ Dannhäuser betonte besonders, dass damals nicht nur Grund und Boden, sondern auch Menschen, „unsere Vorfahren“, verschenkt wurden, nur weil Matto und Megingoz ihre Sünen reinwaschen wollten. Die Menschen wollten aber nur dem Heimatboden das tägliche Brot abringen und in Würde und Freiheit leben. Sehr stark ging Dannhäuser auf den Begriff „Heimat“ ein. Heimat sei vor allem Prägung in der Kindheit und Jugend. Heimat bedeute immer auch Teilhabe an der Gemeinschaft mit anderen. Heimat bedeute aber immer auch Übernahme von Verantwortung. „Unsere Geschichte und unsere Heimat sind für uns Erbe und Auftrag“, so Dannhäuser, inzwischen 70 Jahre alt, aber ein exzellenter Kenner der Dorgeschichte.

Große Sorgen machte den Einwohnern der beiden Orte das Wetter am Sonntag, 3.Juli 1988. Doch rechtzeitig kam der Sonnenschein und so konnte ein farbenprächtiger Festzug als Höhepunkt der Feierlichkeiten durch die Hauptstraße ziehen. Viele tausend Besucher, die parkenden Autos standen bis Kleinwenkheim, waren erstaunt, was die beiden Dörfer auf die Beine gestellt hatten. Die Darstellung historischer Ereignisse und Eindrücke aus dem Leben der Bauern, Adligen und Mönche reichte von 788 bis zur Gegenwart. Mit viel Liebe zum Detail und enormem Zeitaufwand wurden Wägen gezimmert, Gebäude, wie die Pfarrkirche maßstabsgetreu nachgebaut, Kostüme genäht und Wappen mit Blumen nachgelegt. Die 1200-jährige Geschichte wurde sehr anschaulich präsentiert. Die erste Gruppe stellte die „Herren von Wenkheim“ dar. Eine Erklärung stand, wie zu allen Darstellungen, in der Zugbeschreibung. „Das Adelsgeschlecht der „Herren von Wenkheim“ ist im fränkischen Raum reich begütert und weitverzweigt. Sein Stammsitz befindet sich in Großwenkheim, wo es noch im 14.Jahrhundert Besitzungen hat. Als Zeugen, aber auch als Lehensherren finden wir die Herren von Wenkheim vom Jahre 1217 an bis in die zweite Hälfte des 16.Jahrhunderts in Schenkungsurkunden und Lehensverträgen. Ihr Wappenschild ziert ein Flügelpaar (linker Flügel schwarz – rechter Flügel rot) auf silbernem Grund.“ Dargestellt wurden beispielsweise auch die Verschenkung von Wenkheim am 19.April 788, die Stiftung der Pfarrei vor 1046 durch Bischof Suidger von Bamberg, der am 24.Dezember 1046 zum Papst gewählt wurde und den Namen Clemens II. annahm, aber bereits im folgenden Jahr starb, die Mönche von Bildhausen oder das Klosterdorf Kleinwenkheim. Unter den Gästen im Festzug war auch eine Abordnung aus Wenkheim, das im Badischen, direkt an der Grenze zu Bayern südwestlich von Würzburg liegt. Die Schirmherrschaft über das mehrtägige Fest hatte der damalige Landrat Marko Dyga. Grußworte sprachen Regierungsvizepräsident Hans Karl Zürn und Bürgermeister Ferdinand Betzer. Eine Feierstunde anlässlich der ersten urkundlichen Erwähnung von Wenkheim fand bereits am 24.April 1988 im Abteigebäude in Maria Bildhausen statt. Dabei wurden gleichzeitig mehrere Jubiläen gefeiert: 400 Jahre Pfarrkirche St. Nikolaus Kleinwenkheim, 280 Jahre Blasmusiktradition in Kleinwenkheim und 90 Jahre Männergesangverein „Sängerbund“ Großwenkheim. Einer der Höhepunkte war das historische Spiel „Anno 788“, verfasst von Rektor Günther Katzenberger. Mitwirkende waren Bruno Geßner, Jürgen Katzenberger, Manfred Marschall, Erwin Kissner, Joachim Fürsch, Alfons Markert, Ambros Schlembach, Erich Fries, Wolfgang Brust, Anton Klöffel und Günther Katzenberger. Mit der Unterzeichnung der Eingemeindungsverträge am 2.Dezember 1971 durch die letzten Bürgermeister Ulrich Ziegler (Großwenkheim) und Markus Glückert (Kleinwenkheim) hatten die beiden Dörfer nach fast 1200 Jahren ihre Selbstständigkeit aufgegeben.

1225 Jahre Wenkheim
Foto1:Wappen Kleinwenkheim (links) und Großwenkheim


1225 Jahre Wenkheim
Foto2:Wappen der Herren von Wenkheim


1225 Jahre Wenkheim
Foto3: Stiftung der Pfarrei 1046 mit Fred Marschall als Bischof Suidger

Weitere Bilder in der Diashow
Dank an Anton Then für die "historischen" Dias.
Dank auch an Heribert Geßner für das Digitalisieren des alten Materials.